"Graffito-Phase" mit ihren privaten Fotos gut dokumentieren.
Auf dem großen Gruppen-Plakat über dem Wöhler-Eingang sind die Zeilen von Monty Python auszumachen („Always look on the bright side of life“), dem Abschluss-Lied in der Satire "Das Leben des Brian." Der damalige Schulpfarrer soll den Film vielen Jahrgängen gezeigt haben. Überhaupt war das eine bemerkenswerte Phase, wie eine Nachtaktion in der Nachbarschaft vermuten lässt.
Auf dem Foto vom Haupteingang ist das pragmatische Motto „Mut zur Lücke“ gerade eben noch zu entziffern, mehr leider nicht. Vielleicht...
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Haupteingang Frühjahr 1998 |
können Mitglieder der damaligen „ Jahrbuch AG“ Original-Fotos beisteuer n: Verzeichnet sind übrigens Milena Bähnisch, Sarah Bloch, Maria Dóuza, Nassima Essougri, Esther Friedrich, Josefine Hädelt, Anja Herzog, Doro Lappatsch, Natalie La Rosa, Anke Meyer, Eva Naumann und Valeska Schilling sowie Kristina ??? und die waren damit im Vergleich zu den Schülern in der Überzahl: Felix Ebert, Harald Geisler, Michael Hwei, Jan Möllers, Tobias Schulz und Matthias Schulz.
Spott für ein Sexsymbol - Wöhler wird weiblicher
Das Wöhler war gewissermaßen in eleganter Schrittfolge weiblicher geworden. Nicht nur in der Jahrbuch-AG, auch beim Abitur stellten Schülerinnen die Mehrheit in der einst reinen Jungensschule (koedukativ seit 1972). Verändert hat sich in dieser Zeit wohl einiges mehr, das möglicherweise in den Graffiti und Plakaten auftauchte. Die Öko-Baracke wurde abgerissen, der Neubau eines gemauerten Ökohauses begonnen und damit festigte das Wöhler zugleich seinen Ruf als „Öko-Schule. Im Kontext wirkte die lange umstrittene Rechtschreibreform in den Schulalltag, die wachsende Bedeutung der Ökologie-Bewegung und das heraufziehende Ende der Kohl-Ära prägten das gesellschaftliches Klima - und auch die politische Sozialisation jener Jahrgänge. Im Unterhaltungsbereich war Guildo Horn eine Größe, die Stefanie Lichtblau mit milder Ironie als unwiderstehliches „Sexsymbol“ im Jahrbuch feierte.
Dass Guildo nun auf den Platten vorm Wöhler groß rauskam, ist ziemlich unwahrscheinlich, aber mit der Original-Aufnahme von der Plakataktion im Mai 1998 wäre ein genaueres Bild zu gewinnen und es wäre womöglich der früheste Beleg zu den Abi-Plakaten; vielleicht entdeckt jemand aus der Redaktion noch die Original-Fotos in seinen Unterlagen.
Nachbarschaftshilfe am "Eli"?!
Die Aktion wirkte. Ein Jahr später hat eine ehemalige Wöhlerschülerin in der gar nichtso weit entfernten Elisabethen-Schule für eine Premiere gesorgt. In der Nacht vor den ersten Klausuren platzierte Anita Schwarz (Abi 1983) ein Abi-Plakat couragiert mit besten Grüßen und Wünschen am Zaun. Für ihren Neffen. Sie legte wahrscheinlich noch mal Hand an – wie 20 Jahre später (nächstens mehr) - und hatte nicht viel Zeit sich zu wundern. Plakat- Nächte, ja die sind lang, erst fang sie ganz langsam an, halt, ganz anderer Kreuzberger Song. Zur selben Zeit könnte übrigens auch Guido Zimmermann, bekannter Streetart-Künstler, damals mit Plakat an der Walldorfschule unterwegs gewesen sein.
Der Morgen danach
Vor dem "Elisabethen", am nächsten Morgen wunderte sich der Neffe jedenfalls gleich doppelt. Über den Glückbringer und die Tatsache, dass sein Plakat als einsamer, doch vielbeachteter Zaun-Gast dort alleine „abhing“. Anfangs irritiert, beschloss er das als Auszeichnung durch seine Tante zu verstehen und es hat ihm weder in der Klasse noch in den Klausuren geschadet. Tausendprozentig ist nicht ausschließen, dass irgendwo doch noch ein Pionier-Plakat unbeachtet allein vor sich hinhing. Aber solange im Gymnasium am Holzhausenpark kein begründeter Einwand laut wird, kann die "Nacht-Aktion", immerhin kein Nebel, als plakative Geburtsstunde am Elisabethen gelten darf: Und eine frühere Wöhler-Schülerin demzufolge als "Mutter" aller Abi-Plakate am Eli?
Monty statt Mao
„Woodstock und die 68er“ – lautete das Motto des 98er Abi-Jahrgangs 30 Jahre danach. Die Zeiten änderten sich in dem "Plakat"-Jahr 1968 erheblich. Berühmt wurde etwa die Abwandlung eines Bahn-Plakats: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht". Statt `Bahn-Lok durch Schnee-Wetter´ prangten die Köpfe von Marx, Engels und Lenin auf dem Poster und Wader sang damals, “das nichts bleibt, wie es war". Tausendjähriger "Muff" unter den Talaren wurde weggeblasen auf dem berühmtem Transparent an der Uni Hamburg, und die Talare später auch: futsch, nicht nur an der Elbe.
Doch dem Wandel entgingen auch die 68er nicht. Die sind nun längst in Rente. - Und was bleibt? - Für Transparenz die Transparente. Zum Beispiel. Seit damals probate Mittel im öffentlichen Diskurs. Im Frühjahr 1998 hing auch ein Plakat am Eingang der Wöhlerschule. „Sit in“ undso war out und die Art, die Welt anzuschauen, hatte sich geändert. Selbst ihre Satire wurde satirisch gewendet. Alle reden vom Abi. Wir nicht - hieß auf, na klar:dem Abi-Plakat in Frankfurt.
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Wandschrift am Wöhler 98 - Lektüre bes. Art - Collage 1968 |
Nicht Mao, sondern Monty Python mit ihrem „bright-side“-Blick munterten die Probanden auf. An schöne Seiten denken und dieselben zu verfassen kann beim Abi ja nicht ganz falsch sein. Dank der kundigen Mithilfe von Jan Hackradt nähern wir uns mit dem Bild aus einem Video (s.u.) in einem großen Schritt dem mutmaßlichen Beginn der plakativen Abi-Touren am Wöhler. Finalrunde beginnt… Wir hoffen im Übrigen, dass noch jemand ein scharfe Aufnahme vom Mai 1998 - auch ein Plakatjahr wg. Bundestagswahl und Ende der Kohl-Ära - in seiner Foto-Sammlung findet. Das Motto des 98er Jahrgangs wirkte hellsichtig - in der Nachschau. Hellsichtig wie andere aus der Fernsehfamilie jener Generation: der Simpsons. Deren prägende Weltanschauung selbst aus philosophischem Blickwinkel schon untersucht wurde. (siehe Buch-Cover am Anfang.)
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Always look on the bright side of life. |
Alle reden vom Muttertag - wir starten einen Vaterschaftstest. -
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