Für Anteilnahme, für Ermunterung stehen die Abitur-Plakate unserer Tage mit zumeist positiven, gelegentlich auch negativen Facetten. Ein Vergleich mit früheren Zeiten hilft, Abi-Plakate als Teil der Wahrnehmung von und Erinnerung an Schule besser einzuordnen. Deshalb haben wir den Germanisten u. Literaturkenner Klaus Robering ("Die deutschen Verben des Sehens" u.v.m.) gebeten, erhellende "Abitur"-Fälle aus Geschichte und Literatur vorzustellen. In der zweiten Folge geht es u.a. um zwei Außenseiter - Zoologe der eine und der andere berühmter Schriftsteller und Wöhlerschüler.
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Nicht nur die Erfahrung schulischen Leids, wenn auch gehörig abgemildert, wird so mancher Leser des Augustinustextes wiedererkennen, auch die von Augustinus geschilderte Reaktion der „Erwachsenen“ ist nur all zu bekannt: die finden das Ganze natürlich gut und in Ordnung! Schließlich diene das der Vorbereitung auf ein Leben in „Plage und Trübsal“; sie selbst haben ja auch „wie schon viele vor uns“ dasselbe durchmachen müssen („Wer nicht geschunden wird, wird nicht erzogen“; s.u. den vorletzten Absatz) und das sei schließlich das Los der „Kinder Adams“. Dieser hat sich vermutlich durch das Naschen vom Baume der Erkenntnis den harten Schulbesuch ersparen wollen.
Oft setzen die Erwachsenen/Alten „noch einen darauf“: Wir haben nicht nur dasselbe durchgestanden, uns ging es noch viel schlechter, weil die Anforderungen, die an uns gestellt worden sind, damals viel höher waren. Bekanntlich war das Abitur früher ebenso viel anspruchsvoller und schwieriger als heutzutage wie der Vorkriegsschnee weißer war.
Diese These ließe sich natürlich nur in einer gründlichen historisch-vergleichenden Studie überprüfen. Material hierzu findet sich in Rainer Böllings Buch Kleine Geschichte des Abiturs (Paderborn: Schoeningh 2010); s. auch Böllings Aufsatz über Das Abitur im Wandel im Netz. Ein von Bölling angeführtes imponierendes Beispiel für vormaliges Anspruchsniveau ist das Abitur von Karl Marx. Der junge Marx hatte 1835 sieben (!) Klausuren zu schreiben: einen deutschen und einen lateinischen Aufsatz, sowie einen Aufsatz über ein mathematisches Thema (je 5 Studen); Übersetzungen aus dem Lateinischen, Französischen und Griechischen (3- bzw. 2-stündig) und, aufgrund einer Sonderregelung für die preussische Rheinprovinz, einen 5-stündigen Religionsaufsatz. Die mündliche Prüfung – in den beiden klassischen Sprachen sowie in Französisch, Geschichte, Religion, Mathematik und Naturwissenschaften – folgte einen Monat später, wobei noch die eigentlich vorgeschriebenen Prüfungen in Deutsch, philosophischer Propädeutik und Naturbeschreibung aus verschiedenen Gründen nicht stattfinden konnten. Marxens lateinischer Abituraufsatz über die Frage, ob die Herrschaft des Augustus verdientermassen zu den glücklicheren Zeiten des römischen Staatswesens zu zählen sei („An principatus Augusti merito inter feliciores rei publicae Romanae aetates numeretur?“), ist übrigens im Netz einsehbar einsehbar.
Marx hat sein Abitur bestanden.
Klaus Robering
FOLGE 2: "Unkraut" kommt
nach Oberprima
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